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Step by Step zum Sauerteig

Elisabeth Ruckser • Apr. 07, 2020

Zur Zeit erreichen mich immer wieder Mails oder Anfragen von Freund*innen, die da heißen: „Sag einmal, Du kennst Dich da doch aus, wie geht denn das mit dem Sauerteig jetzt wirklich?

Ich find's großartig, dass sich so viele Menschen jetzt mit diesem Thema beschäftigen. Und auch, wenn ich sonst keine Rezepte hier auf dem Blog habe, möchte ich versuchen, mit dem Beitrag ein bissl Licht ins Sauerteig-Dunkel zu bringen. Sauerteig ist ein echt altes Prinzip der Brotherstellung und auch in der ERSTEN WALDVIERTLER BIO-BACKSCHULE eines der Themen, das wir seit vier Jahren in fast allen Workshops behandeln. Eigentlich simpel as can be, die praktische Anwendung braucht aber vielleicht ein wenig Zeit, bis man es gut im Alltag umsetzen kann.

Mein Tipp: Einfach drüber trauen und machen. Was soll schon schief gehen …

Ach ja, eines noch: Natürlich haben (Bio-)Bäcker*innen , die ihre Handwerk schätzen und lieben, Sauerteig. Und sie wissen, wie man damit umgeht. Sie freuen sich vielleicht gerade jetzt, wenn man danach fragt und damit ihre großartige Arbeit wertschätzt. Sobald man sich selbst mit Brot backen beschäftigt, merkt man nämlich ganz schnell, wie viel Wissen, Können, Arbeit und Erfahrung in diesem so selbstverständlichen Produkt steckt, damit es Tag für Tag auf dem Tisch stehen kann.

Und falls jemand zum Brotteig kneten bei uns im Waldviertel vorbeischauen möchte: Derzeit finden in der ERSTEN WALDVIERTLER BIO-BACKSCHULE aus nahliegenden Gründen keine Workshops statt. Aber sobald es wieder sein darf und kann, geht‘s an der Bäckertafel im schönen Drosendorf wieder „live“ weiter. Hier gibt es alle Kurstermine (auch schon für Herbst).
So, und jetzt ran an den Sauerteig …

Es braucht drei Schritte - Fahrplan zum Brot

Sauerteig? Anstellgut? Was ist was? Zum Anfangen wollen wir ein paar Begriffe entwirren.

Es sind im Wesentlichen drei Schritte, bis das Brot zum Backen in den Ofen kommt: Das Herstellen von Anstellgut, das Ansetzen von Sauerteig und das Mischen des Brotteiges. Ich beschreibe hier die ersten beiden, also das Ansetzen von Anstellgut und die Herstellung von Sauerteig. (Infos zum Brotteig findet hier in einem Video, das zusammen mit der Waldviertler Firma Sonnentor entstanden ist.)

Anstellgut ist die Basis. Es ist die Essenz, die die Triebkraft entwickelt, damit aus Teig lockerers, saftiges Brot wird. Es besteht aus wilden Hefen und Bakterien, die es sich aus der Luft holt und es hat auch noch viele andere Namen wie Ura, Url, Sauer, usw. Manche Bäckermeister*innen „führen” es – so sagt man dazu, wenn man es über einen längeren Zeitraum aufbewahrt – seit Jahren, andere setzen es regelmäßig neu an. Das Prinzip seiner Herstellung ist überall gleich.

Aus dem Anstellgut wird als nächstes dann der Sauerteig gemacht. Den kannst Du dann für alle Rezepte verwenden, für die Sauerteig auf der Zutatenliste steht, um im dritten Schritt daraus die veschiedensten Brote zu backen. Rezepte dafür gibt es jede Menge im Netz, einen Klassiker findet ihr zb. hier. Oder ihr kommt zu uns in die Backschule und schaut, wie und was wir so backen … :)

Eines ist noch wichtig: Welches Mehl? Am besten geeignet und am „lebendigsten“ ist Bio-Roggenmehl. Dann kann man sicher sein, möglichst wenig Gifte und andere unerwünschte Substanzen zu sich zu nehmen. Verwenden kann zum Beispiel Mehl der Type 960 oder Vollkornmehl. Noch besser wäre es, man kauft direkt bei Bio-Produzent*innen ein, die alte Roggensorten kultivieren. Aber das ist eine eigene Geschichte.

1. Schritt: Wir machen Anstellgut

  •  Zutaten (für insgesamt 3-4 Tage):
  • 150 g Roggenmehl Type 960 (oder Vollkorn)
  • 150 ml Wasser
1. Durchgang: Wir nehmen 50 g vom Roggenmehl und vermischen es mit einem Löffel oder einer Gabel mit gleich viel (50 ml) lauwarmem Wasser. Als Gefäß dafür eignet sich ein größeres Einmach-Glas von ca. 400 ml Fassungsvermögen. Das Gefäß anschließend mit einem Tuch oder einem Glasdeckel lose zudecken, nicht luftdicht verschließen. Die Mischung bleibt jetzt für 24-48 Stunden stehen, am besten einfach in der Küche oder an einem anderen warmen Ort.
2. Durchgang: Zum Teig wird wieder 50 g Roggenmehl und 50 ml lauwarmes Wasser hinzugefügt und mit dem Löffel verrührt. Das Gefäß wird wieder zugedeckt und bleibt für 24 Stunden in der Küche stehen.
3. Durchgang: Noch einmal kommen 50 g Roggenmehl und 50 ml Wasser zum Teig dazu. Er sollte nun schon die typischen Blasen gebildet haben und angenehm säuerlich riechen. Und es folgt wieder das Gleiche: Alles 24 Stunden rasten lassen.

Am 4. (oder 5. ) Tag ist das Anstellgut jetzt fertig. Und das Wichtigste ist einmal geschafft, nun kann Sauerteig damit angesetzt werden.

War doch gar nicht so schwer, oder? Anstellgut soll übrigens immer angenehm säuerlich riechen. Sollte es üble Gerüche oder gar seltsame Farben entwickeln, einfach weggeben und neu anfangen.

Um Anstellgut aufzubewahren und seine Kraft am Leben zu erhalten gibt es mehrere Methoden. Meine Tipps dazu gibt es ganz am Ende des Beitrags. Ach ja: Man kann ihm auch einen Namen geben, denn es ist ab sofort eine Art Haustier, das gefüttert und gut behandelt werden will. In einer meiner Backshows hab ich einmal gefragt, wie mein bis dahin namensloses Haustier denn heißen könnte, seitdem hört es auf den Namen „Berta” und wohnt in einem Rexglas in meinem Kühlschrank. Wie meine „Berta” aussieht, könnt ihr auf dem Bild unten sehen.

 2. Schritt: Wir machen Sauerteig

  • Zutaten für 500 g Sauerteig:
  • 30 g Anstellgut
  • 250 g Roggenmehl Type 960 (oder Vollkorn)
  • 220 ml Wasser, lauwarm
Die benötigte Menge an Anstellgut aus dem Glas nehmen, 30 g sind etwa 1 guter Esslöffel, und in einer Schüssel zusammen mit Mehl und Wasser zu einem Teig mischen.
Gut mit Mehl bestäuben, die Schüssel ev. noch mit einem Tuch abdecken und diesmal für 12 Stunden (oder über Nacht) stehen lassen.

Danach ist der Sauerteig fertig, er schaut nun fast wie ein ungebackenes Brot aus, wie Ihr unten sehen könnt. Er kann nun innerhalb der nächsten sechs Stunden verarbeitet werden. Der Sauerteig wird nun je nach Rezept weiterverwendt und zu Mischbroten, Roggenbroten, Dinkelbroten, uvm. gebacken.

Beim ersten Mal dauert es mit dieser Methode also ca. fünf Tage bis ich fertiges Brot habe. Ab dem zweiten Mal habe ich das Anstellgut fertig im Kühlschrank (so ähnlich wie Germ) und kann schneller loslegen.

Und wie bewahre ich das Anstellgut für den nächsten Backtag auf?

Hier noch ein paar Tipps, damit das Anstellgut lange gesund und munter bleib – man bäckt ja schließlich nicht alle Tage Brot … Ich bewahre es im Kühlschrank auf. Manche Hobbybäcker*innen frieren es auch ein (damit hab ich persönlich allerdings keine guten Erfahrungen gemacht) oder setzen es jedes Mal neu an.

Worin aufbewahren?

Ein (Rex-)Glas mit Glasdeckel und ohne Gummidichtung eignet sich gut. Zuerst mit mildem Essigwasser (ein Schuss Essig auf ca. 500 ml Wasser) auswaschen, dann trocknen lassen, das fertige Anstellgut einfüllen und Glas in den Kühlschrank stellen. Und ihm hie und da gut zureden :)

Was tun, damit es aktiv bleibt?

Damit das Anstellgut lebendig bleibt und seine Triebkraft erhält, wird der Ansatz einmal pro Woche „gefüttert”. Das geht so: Glas aus dem Kühlschrank nehmen und 2 Esslöffel vom Anstellgut mit ca. 50 g Mehl und 50 ml lauwarmen Wasser vermischen. Alles zusammen am besten in ein neues Glas geben und danach einige Stunden bei Raumtemperatur stehen bzw. „anspringen“ lassen. Dann wieder zurück in den Kühlschrank stellen. (Gut zureden nicht vergessen :))

Reste vom Anstellgut kann man ürbigens zum Kompost geben, die darin enthaltenen Mikroorganismen fühlen sich dort sehr wohl und tun dem Kompost gut.

Ich wünsche Euch gutes Gelingen!

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Die Backschule zu Gast beim Servus-Podcast
von Elisabeth Ruckser 02 Okt., 2021
Kürzlich ging der Sauerteig mal wieder auf Reisen. Die Erste Waldviertler Bio-Backschule war eingeladen, Workshops im Rahmen eines Treffens der Mitarbeiter der niederösterreichischen Kulturgesellschaft NÖKU abzuhalten. Und wo sonst konnte das stattfinden als vor der wunderschönen Kulisse von Schloss Grafenegg & Wolkenturm . So haben wir zur Abwechslung auf dem grünen Rasen gewerkt - und der Sauerteig spielte unter den doch nicht alltäglichen Bedingungen hervorragend mit. Danke, lieber Benny! Ja, so heißt er tatsächlich, seit meine Tochter ihm diesen Namen verliehen hat … Im Rahmen dieses NÖKU-Gruppentages gab es also die Möglichkeit, eigenes Bio-Sauerteigbrot mit uns zu backen. (Darüber hinaus gab‘s übrigens ebenfalls ein sehr tolles Programm vom Besuch einer Probe der großartigen Tonkünstler über Schlossführungen bis zu Vorträgen zu Nachhaltigkeit, Ernährung oder Upcycling.) Wir haben in zwei Durchgängen am grünen Rasen geknetet und geformt, dass das Mehl nur so staubte und der Andrang in unserem Zelt war groß. Nach Teigmischen, Formen und einer Rast im Simperl wurden zu guter Letzt tatsächlich 2 x 20 Brote mit dem E-Caddy zum benachbarten Restaurant Mörwald gefahren und dort gebacken. Vielen Dank bei der Gelegenheit auch noch an Küchenchef Jörg und sein Team!! Die duftenden Endergebnisse konnten anschließend alle mit nach Hause nehmen und wir hoffen, Ihr habt es genossen. Ein wenig könnte wir noch an ein paar Feinheiten (aka Zuhören) feilen – 2 Kaffeelöffel Salz sind NICHT 2 Esslöffel … Aber das kriegen wir hin :) Wir haben uns jedenfalls außerordentlich über das rege Interesse am Brotbacken gefreut und Benny lässt ausrichten, wir kommen gerne wieder.
von Elisabeth Ruckser 25 Aug., 2021
Es ist ein Handwerk, das tatsächlich bis in die Steinzeit zurückreicht: Das Korbwickeln oder -flechten aus getrockneten wilden Gräsern. Diese besonderen Halme der Binsen oder auch das Stroh der jeweilgien regionalen Getreidesorten – bei uns etwa von Roggen oder Waldstaude – war und ist in vielen Teilen der Welt wertvolles Rohmaterial, das vom Dach bis zum Besen für vieles eingesetzt wird. Naturpädagogin und Kunsthandwerkerin Karin Theresa Mikota praktiziert und unterrichtet diese alte Technik schon seit Jahren, unter anderem auch immer wieder in den Kloster-Schul-Werkstätten Schönbach im Waldviertel. Gelernt hat sie‘s selbst von einem Korbmacher im oberösterreichischen Steyr, bei dem sie bis heute immer wieder auch selbst Kurse besucht und die Technik weiterentwickelt und perfektioniert. Eigentlich war’s ja ein prächtiger Hochzeitskorb der Nawahao, der einst ihr Interesse dafür geweckt hat. Lebensweise, Philosophie und Weisheit der nordamerikanischen Ureinwohner begeisterten und begleiteten Karin seitdem seit vielen Jahren - bis in ihre Heimat Mühlviertel, wo sie heute lebt und arbeitet. Übrigens: Wilde Gräser stehen teilweise auch unter Schutz und dürfen nicht überall gepflückt werden! In der Servus-Akademie in Drosendorf (30.8.-4.9.2021) zeigt Karin im Workshop „Korbhandwerk“, wie sich Halm um Halm zu einem wunderbaren Brotsimperl oder auch Erntedankkranz drehen, flechten und nähen lässt.
von Elisabeth Ruckser 07 Aug., 2021
Benedikt „Mr. Jausnwarp ” Wurth und Thomas „ GrünGUT " Brunner sind die Imker und Bienenexperten, die uns im Workshop „Bienenwissen” an ihrem reichen Erfahrungs- und Wissensschatz teilhaben lassen. Und auch an ihrer ganz persönlichen Beziehung zu diesen so speziellen Insekten, die sehr viel Gutes für uns Menschen tun. Sowohl Thomas als auch Benedikt beschäftigen sich seit langem mit dem faszinierenden Lebewesen Biene und beiden ist ökologische Nachhaltigkeit ebenso ein Herzensanliegen wie tagtäglich gelebte Praxis. Thomas sagt von sich, dass er von den Bienen begeistert war, „seit ich laufen konnte.“ Vieles darüber hat er bereits von seinem Großvater gelernt und seine besondere Leidenschaft gilt dem großen und kleinen Zusammenspielen der Lebewesen im und um den Bienenstock. Er ist auch in regem Austausch mit Imkern weit über Österreichs Grenzen hinaus und bringt neueste Erkenntnisse zur Bienenhaltung mit dem Erfahrungsschatz einer seit 1944 bestehenden Imkerei zusammen. Sein Credo: weniger Chemie, mehr Respekt, weniger Honigertrag, dafür mehr Gesundheit – für die Biene und auch uns Menschen . Er wird zum Workshop Bienenwaben und sogar eine Honigschleuder mitbringen, die Technik des „Entdeckelns“ zeigen – so werden die Waben geöffnet, um Wachs und Honig zu erhalten – und gemeinsam mit den Teilnehmer*innen Honig abfüllen. Jede*r Teilnehmer*in kann dann auch sein eigenes Glas Honig und auch das spezielle Entdeckelungs-Wachs, es ist das reinste Wachs aus dem Bienenstock, mit nach Hause nehmen. Am Nachmittag geht es dann mit Ben Wurth weiter. Er hat ursprünglich Umwelt- und Bioressourcen-Management in Wien studiert, seine Frau Rosi Binder ist Sonder- und Heilpädagogin. Zusammen haben sie das Familienunternehmen „Jausnwrap“ aufgebaut, eine mittlerweile weithin bekannte Alternative zu Einwegverpackungen, die „alle und alles einwickelt“, wie die beiden dazu sagen. Das Wissen darüber und eine für den Hausgebrauch geeignete Herstellungsmethode ist ebenso Thema des Workshops wie Informationen rund um verschiedene Wachsarten und ihre Einsatzmöglichkeiten. In ihrem Familienunternehmen haben Ben und Rosi jedenfalls das Kunststück zuwege gebracht, auf der Tradition von Omas Wachstuch aufbauend einen der größten Bienenwachsproduzenten Europas mit Augenmaß, Bauchgefühl, Überzeugung und viel persönlichem Engagement aufzubauen. Ben selbst hat sich davor übrigens auch schon mit einer anderen überlieferten Produkt unserer Vorfahren beschäftigt: Ohrenkerzen . Was das ist? Ein uraltes Heilmittel, das mittels Wärme, Ruhe und den wertvollen Inhaltsstoffen des Bienenwachses ziemlich viel Gutes für uns tun kann. Aber das soll er Euch am besten selbst erzählen …
von Elisabeth Ruckser 25 Juni, 2021
Weil's so gut aufs Brot passt. Es ist einfach jedes Jahr eine wunderbare Sache, den Duft süßer Erdbeeren, aromatischer Äpfel oder frisch gepflückter Brombeeren einzufangen als selbst gemachte Marmelade für lange Zeit haltbar zu machen. Okay, manche Gläser sind schneller geleert als sie eingekocht wurden, aber zum Glück bietet fast jede Saison neue, feine Früchte, die sich in all ihrer Pracht und Glas für Glas einkochen machen lassen. Zusammen mit dem Servus-Magazin ist dazu meine Marmelade-Kochschule mit meinen Lieblingsrezepten enstanden, schaut gern doch mal rein. Noch ein paar Rundherum-Facts zum Einkochen: Frucht-Zucker-Säure sind die drei Grundparameter, dazu kommt noch Geliermittel, in den meisten Fällen Apfelpektin. Und wie immer ist es wirklich richtig wichtig, auf ökologisch nachhaltigen Anbau und Herstellungsweise aller dieser Zutaten zu achten, eh klar. Zucker wurde übrigens einst mit Gold aufgewogen und bis ins 17. Jahrhundert höchst sparsam als „Würze“ eingesetzt. Beim Einkochen machte man sich daher früher meist den ohnehin in den Früchten enthaltenen Fruchtzucker zunutze und kochte Früchte stundenlang ein, bis ein dickliches, süßes Mus entstand. Der „Powidl“ ist heute ein lebendiges Überbleibsel dieser Tradition. In diesem Sinne wünsch Euch viel Spaß beim Nachkochen und immer gutes Bio-Brot als Unterlage!
von Elisabeth Ruckser 12 März, 2021
Für die Gewürz-Zampanos der großartigen Waldviertler Firma Sonnentor durfte ich mir kürzlich ein paar Gedanken rund ums Backen mit Blüten & Gewürzen machen. Was gibt es an Klassikern oder neuen Kombinationen, warum braucht es überhaupt Gewürze im Brot und wie mischt sie am besten in den Teig? Wer den Text dazu nachlesen will: Hier geht's zum Blog-Beitrag auf der Sonnentor-Seite, und hier zum Brotback-Video , das dabei entstanden ist. Angefangen hat es eigentlich damit, dass ich auf der Suche war. Und zwar nach neuen Aromen, die - abgesehen von der klassischen Lieblingsmischung aus Fenchel, Kümmel Koriander - neue Vielfalt ins Brot bringen. Was passt etwa besonders gut zu Dinkel? Oder wie lässt sich den Geschmack von Emmer oder Einkorn dezent unterstreichen? Dabei sind echt spannende neue Kombis herausgekommen, etwa Kurkuma-Muskat-Kardamom zu meinem heiß geliebten Dinkel-Sauerteig-Brot (das Rezept verlinke ich unten). Oder auch eine Prise Gewürznelken für die sonst ausschließlich mit Zimtzucker gefüllten Reinkerln. Wer's selber versuchen will, dem kann ich nur empfehlen, nach Herzenslust und persönlichen Vorlieben zu probieren. Ganz nach dem Motto: Weil's Spaß macht und schmeckt :) Dass die Gewürze wie alle anderen Zutatane auch nur achtsam und anständig hergestellte Bio-Produkte sein sollten, ist sowieso klar. Und egal, ob es nun Eure Lieblings-Curry-Mischung ist, Chili-Flakes oder vielleicht etwas so aromatisches wie Rosmarin und Lavendel, hier noch ein Tipp zur Dosierung: Mit wenig Gewürz im Teig beginnen (ich hab bei der Gewürzblüten-Mischung mit 1 gestrichenen TL auf 500 g Mehl angefangen) und langsam bis zur perfekten Dosis steigern. Viel Spaß dabei und spice up your bread! Meine neuen Lieblinsgrezepte: Weizen-Roggen-Mischbrot klassisch Frühlingsbrot mit Sonnenkuss und für alle Süßen: Zuckerreinkerln einmal anders
von Elisabeth Ruckser 06 Nov., 2020
Weil unser täglich Brot nicht nur in Krisenzeiten weitaus mehr ist, als ein Nahrungsmittel: Die ERSTE WALDVIERTLER BIO-BACKSCHULE, BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien und die Medien-Kooperationspartnern NÖN und bio-Magazin haben 2020 erstmals das beste Brot speziell aus BIO-Zutaten gesucht, gefunden und ausgezeichnet. Mitmachen konnte (fast) jede/r und Preise gab's auch zu gewinnen. Immer mehr Menschen sind heute wieder auf der Suche nach Lebensmitteln, die mehr als „nur” gut schmecken. Deren anständige handwerkliche Herstellung sich von der Basis bis zum Endprodukt nachverfolgen lässt, vom lebendigen Bio-Acker bis in die Backstube und von der Mühle bis ins Verkaufsregal. Gerade Brot ist in den letzten Jahren zum Inbegriff eines Lebensmittels geworden, von dem wir wieder genau wissen wollen, was tatsächlich drin steckt in Roggenlaib und Körndlbaguette, Dinkelwecken oder Hausbrot. Und dessen Herstellung wir auch wieder selbst in die Hand nehmen wollen. „Da hat sich viel Erfreuliches getan“, weiß Genussethik - und Brotexpertin Elisabeth Ruckser. Als Buchautorin und Leiterin der ERSTEN WALDVIERTLER BIO-BACKSCHULE in Drosendorf an der Thaya beschäftigt sie sich seit Jahren intensiv mit dem Thema: „BIO ist mir – nicht zuletzt weil wir selbst auch eine kleine Landwirtschaft betreiben –, ein echtes Herzensanliegen. Und es ist schön zu sehen, dass engagierte Handwerks-Bäckereien heute immer mehr Wert darauf legen. In unseren Workshops erleben wir auch, wie groß das Interessen am Brotbacken in den eigenen vier Wänden ist und welche tolle Produkte hier entstehen.“ BIO AUSTRIA NÖ und Wien und Elisabeth Ruckser haben aus diesem Grund 2020 erstmals einen Wettbewerb rund ums beste BIO-Brot ins Leben gerufen. Zusammen mit Kooperationspartner NÖN wurdedas beste handwerklich hergestellte BIO-Brot in Niederösterreich gesucht und von einer hochkarätigen Expertenjury prämiert. Die Jury kostete sich schlussendlich durch sage und schreibe über 100 Einreichungen in vier Kategoierien, biem Verkosten mit dabei waren: Genussmensch, Kochbuchautorin und TV-Liebling Elisabeth Engstler BIO-Bäuerin und Brotbäckerin Beate Brenner Bestseller-Autor Martin Grassberger BIO AUSTRIA Bauer „Mr. Adamah" Gerhard Zoubek Wiener Würze-Hersteller Severin Traugott Obmann Otto Gasselich und Geschäftsführerin Sabine Mayr von BIO AUSTRIA NÖ und Wien Die Gewinner erhielten Zertifikate und Preise, wie etwa einen vom bio-Magazin gesponserten Aufenthalt im Bio-Hotel Retter, wertvolle BIO-Urgetreidemehle, ein Adamah-Spezialkisterl, Grüne-Erde-Brotdosen oder auch das aktuelle Buch „Bäuerinnen, Brot und Sehnsucht“ von Autorin Elisabeth Ruckser Die GewinnerInnen: Der „Urkornbulle” der Bio-Kreativbäckerei Markus Kürrer in Ernstbrunn im Weinviertel wurde zum Siegerbrot mit den meisten Punkten absolut gewählt. In der Kategorie Brote mit langer Vorteig-Führung (mindestens 8 Stunden geführt) gewann das „ Französisches Miche (Landbrot) mit geröstetem Koriander nur mit Sauerteig " von Katrin Federsel aus Baden. Die Kategorie Brote ohne Vorteig bzw. mit kürzerer Teigführung konnte das „ Dinkel-Einkornbrot” vom BIO AUSTRIA Hof Anthofer in Purk für sich entscheiden. Bei den süßen Broten machte der „ Striezel” von BIO AUSTRIA Bäuerin Anneliese Hansinger aus Kilb das Rennen. Bei den glutenfreien Broten ging der Sieg an das „ Vollkornbrot mit Sauerteig, Leinsamen, Sonnenblumen-Kernen und langer Vorteig-Führung ” von Karl Friedelt aus Hofamt Priel.
von Elisabeth Ruckser 07 Juli, 2020
BROT, der viel beachtete Film des österreichischen Filmemachers, Schriftstellers und Musikers Harald Friedl ist seit Juni wieder in unseren Kinos zu sehen. Kurz vor dem Lockdown konnten wir BROT ja zusammen mit dem Filmclub noch in einer Vorpremiere in Drosendorf zeigen, einen spannenden Film über Überzeugung und Begeisterung, über Handwerk und den Duft des Brotes, über Bio-Landwirtschaft, Politik und die Fakten aus der Lebensmittelindustrie. Und auch darüber, dass wir als Konsument*innen immer die Wahl haben. Eine Doku, die in der Tat nicht nur Brotbegeisterte sehen sollten. Ein Gespräch mit Harald Friedl. Lieber Harald, stürzen wir uns ins Thema, Stichwort Brot und die Corona-Krise. Was ist da mit uns passiert? Warum war Brot und Backen plötzlich so ein Thema? Hat diese Zeit der großen Unsicherheit in uns die Sehnsucht nach der Geborgenheit eines warmen Ofens geweckt? Brot ist das elementarste Lebensmittel. Und die Krise hat uns auf Elementares zurückgeworfen. Viele Selbstverständlichkeiten wurden mit einem Schlag erschüttert. Und plötzlich war sehr vieles möglich. Aus Angst ist es auf einmal möglich geworden, dass wir verantwortungsvolle Maßnahmen ergriffen haben. Um die Familie, die Kinder, die Alten zu schützen. Ich finde das beachtenswert: Breiteste Massen waren zu verantwortungsvollem Handeln fähig. Können wir da nicht weitermachen? Plötzlich ist enorm viel Geld da, um etwas zu schützen. Wow! Wir schützen etwas – und diesmal nicht den Finanzhandel! Du sagst, aus Angst haben wir so reagiert. Das ist für uns Menschen ein starker Beweggrund. Ich denke, dass uns Genuss und der nach Wunsch etwas Gutem, das ich erleben und spüren will, ebenso motivieren kann, „das Richtige“ zu tun, und über Zusammenhänge nachzudenken, etwa bei der Herstellung von Lebensmitteln. Das verstehe ich kurz gesagt unter Genussethik . Wie siehst Du das? Kann uns Genuss zu etwas Gutem motivieren? Genuss ist ebenso wichtig wie umfassend. Und Genuss muss man wie alles andere auch lernen – den Kunstgenuss und auch den Brotgenuss. Menschen, die nur gelernt haben, sich mit Toastbrot aus dem Plastikpackerl vollzustopfen, die muss man erst dazu hinführen, ein knuspriges Handwerks-Biokörndlbrot zu genießen. Ich behaupte jetzt einmal, dass viele Menschen heute nicht fähig sind zu genießen. Sie ziehen sich was Schnelles rein, egal ob das Musik, Kulinarik oder Filme sind. Genuss zu lernen sollte schon an Schulen stattfinden, in dem man Kunstausflüge abhält oder Genussmenschen einlädt und vieles mehr, was Kindern das Erleben von Genuss nahebringt. Dein Film Brot sagt viel über Biolandwirtschaft, über handwerkliche Herstellung und über die Brotindustrie. Gibt es etwas, das Dir da besonders am Herzen liegt oder das Du oft in Interviews beantwortest? Grundsätzlich sollte allein schon aus ökologischen Gründen jeder Biobrot essen. Aber ich erlebe es oft, dass jemand sagt: Naja, schön und gut, aber Bio-Handwerksbrot ist so teuer. Erstens könnte die Industrie längst Biobrot herstellen, das wäre ein guter Schritt und würde dann vielleicht 10 Cent mehr kosten. Und zweitens ist Bio-Handwerksbrot ein ganz anderes Lebensmittel, allein was den Nähr- oder Genusswert betrifft. Noch einmal zurück zu der Zeit, in der wir uns gerade befinden: Was hat die Entwicklung der letzten Wochen mit uns gemacht? Angela Merkel hat kürzlich von disruptiven Phänomenen gesprochen, und das ist ohne Zweifel eines; ähnlich wie der Fall der Berliner Mauer 1989 oder die Weltfinanzkrise 2007. Allerdings war der Mauerfall nicht so global und die Finanzkrise ging so nicht so weit ins Privateste. Es ist in unserer Generation also ein Geschehen von bisher unbekannten Dimensionen. Was passiert da jetzt beziehungsweise wie wird oder kann es weitergehen, zum Beispiel bei der Herstellung von Lebensmitteln? Die Menschen stehen so sehr unter Druck, dass sie nicht die Muße haben sich Gedanken über einfache, alltägliche Dinge zu machen. In der Theorie etwa existiert das Wissen, dass es Zusammenhänge zwischen Boden und Bauch gibt oder zwischen Massenproduktion und Gesundheit. Das wissen viele irgendwie, aber führt zu keinen Konsequenzen. In einer Konsumkultur wird uns das Denken abgenommen, wir wurden zu gierigen selbstsüchtigen Kindern erzogen. Wir brauchen eine Ökologisierung von allem und eine Regionalisierung von manchem. Die Maßnahmen, die dazu notwendig sind, sind längst bekannt. Siehst Du eine Chance, dass sich Dinge positiver oder kurz gesagt besser entwickeln werden? Die Krise hat Gewissheiten in Frage gestellt, unsere Gesundheit, unsere Mobilität, die Globalität. Dinge haben sich verändert, das bringt einen Bewusstseinswandel. Die Frage ist, wie wird es weitergehen? Die Bemühungen sind stark, dass wir so schnell wie möglich zurückkehren zum Alten, um die Wirtschaft in Gang zu bringen. Das ist nicht sinnvoll und wird schlecht funktionieren, es ist zu viel geschehen. Was wir brauchen, sind neue wirtschaftliche Konzepte, allerdings ohne, dass man den Markt dafür heute schon kennt. Da werden wir kulturelle Schwächen sehr stark spüren, und eine davon ist: Wir leben in einer Kultur des Konsums, der schnellen Befriedigung, der Digitalisierung und oberflächlichen Vernetzung. Man hat nicht mehr gelernt zu träumen oder visionär zu sein. Da ist wohl auch die Politik gefragt …? Da sind die Denkfabriken gefragt und die Politik könnte sich daran orientieren. Wir brauchen die Soziologie, die Philosophie, die Ernährungswissenschaften, die Kunst, die Ökologie. Und so wie die Politik auf die Virologen hören konnte, soll sie jetzt mal diese anderen hören. Wir müssen schleunigst definieren, welche Art von Wirtschaft wir haben wollen und welche Art von Leben. Die Wissenschaft, die Politik und die Kunst müssen gemeinsame Signale aussenden. Dann können wir versuchen, eine Richtung zu definieren.
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